Labor für zeitgenössische Kunstbetrachtung
Matteo Kramer, Friedrich Fetzer, Carl Hohrath

CONVICTION

english version below

Wir glauben an die Kraft der Kunst, sie kann uns begeistern, dafür allerdings muss der Rahmen stimmen. Entwicklungen wie Yoga im Museum oder Meditationen vor Kunstwerken zeigen, dass es ein Verlangen nach einer realen, direkten, intensiven und authentischen Kunstbetrachtung gibt. Unter dem Schlachtruf slow art existiert bereits eine Bewegung, die versucht Potentiale, die die Kunst selbst bietet, durch eine bewusste Verlangsamung der Kunstbetrachtung hervorzuholen.

Wir möchten vor allem mehr real art, wir streiten dafür, wirkliche Kunstbetrachtung zu ermöglichen. Mit unserer digitalen Plattform werden Besucher*innen vorbereitet und mit verschiedensten Informationen über die Künstler*innen versehen, anhand derer ihnen die Möglichkeit gegeben wird, den analogen Ausstellungsraum vorbereitet zu besuchen und dort zu einer wahren Kunsterfahrung zu kommen.

Walter Benjamin spricht in „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ vom Hier und Jetzt des Kunstwerks, von seiner Originalität durch einmaliges Dasein an einem Ort.

Dieses Prinzip der Präsenz des Gegenstands scheint durch digitale Reproduktionsmöglichkeiten aufgehoben. Jedes Kunstwerk scheint immer und überall verfügbar. So kann zwar jedes Kunstwerk immer und überall als Abbild betrachtet werden, allerdings ist nicht nur die Echtheit des Originals durch das Hier und Jetzt definiert, sondern auch die Erfahrung mit dem Kunstwerk genuin damit verbunden.


Echtes Kunstwerk – echte Kunsterfahrung!

Durch technisch verformte „Ersatzkunstwerke“ werden die verschiedenen Dimensionen, die ein Werk auszeichnen, wie Größe, Tiefe, Farbenintensität, Materialität, aber auch das Verhältnis zwischen Betrachter*in und Kunstwerk im Raum beschnitten und bis zur Unkenntlichkeit verzerrt.

Dem Spruch „Kunst für alle!“ stimmen wir zu, allerdings verursacht die unglaubliche Bilderflut im Digitalen, durch die Entgrenzung des Raumes, in dem Kunst betrachtet werden kann auch ihre Entkontextualisierung wie beispielsweise auf Instagram, wo die Beliebigkeit der Abfolge von Strandfoto – Kunstwerk – politischem Aktivismus keine Seltenheit ist. Dies sind problematische Begleiterscheinungen einer grundsätzlich zu begrüßenden Demokratisierung der Kunst.

Weiterhin erzielt auf digitalen Plattformen nicht das „gute Kunstwerk“ die meisten Likes, sondern gewiefte Marketingstrategien ersetzen letztlich Qualitätsansprüche. Nicht Kurator*innen oder Galerist*innen wählen die Kunstwerke in teiltransparenten Prozessen aus, sondern undurchsichtige Algorithmen bestimmen darüber, was man zu sehen bekommt.

Zudem eignen sich digitale Diskursräume nur als mangelhafter Ersatz, sie können das persönliche, analoge Gespräch nicht ersetzen.

Wir möchten also den Rahmen bieten, mit einer Kombination digitaler Informationsmöglichkeiten und analoger Ausstellungskonzepte für wahre Kunstbetrachtung zu streiten.

gemeinsam mit benzinLAB




EN

We believe in the power of art and its ability to inspire us, but for that to happen the setting has to be right. Developments such as yoga in museums or meditation in front of works of art prove that there is a desire for a real, direct, intensive and authentic view of art. Under the battle cry of slow art, a movement already exists that attempts to bring out the potential that art itself offers by consciously slowing down the viewing of art.

Above all, we want more real art.  We are fighting to make real art viewing possible. With our digital platform, visitors will be prepared and provided with various information about the artists, which will enable them to visit the analog exhibition space prepared and there come to a real art experience.

In "The Work of Art in the Age of Its Technical Reproducibility," Walter Benjamin speaks of the here and now of the work of art, of its originality through its unique existence in one place.

This principle of the presence of the object seems to be abolished by digital reproduction possibilities. Every work of art appears to be available always and everywhere. Thus, although every work of art can always and everywhere be seen as a copy, not only is the authenticity of the original defined by the here and now, but also the experience with the work of art is genuinely connected to it.


Genuine works of art - genuine art experiences!

Through technically deformed "substitute artworks" the various dimensions that characterize a work of art, such as size, depth, color intensity, materiality, but also the relationship between the viewer and the artwork in space are cut and distorted beyond recognition.

We agree with "Art for everyone!", however, the incredible flood of images in the digital, through the dissolution of the boundaries of the space in which art can be viewed, also causes its de-contextualization, such as on Instagram, where the arbitrariness of the sequence of beach photo - artwork - political activism is not uncommon. These are problematic side effects of a fundamentally welcome democratization of art.

Furthermore, it is not the "good work of art" that gets the most likes on digital platforms, but rather clever marketing strategies that ultimately replace claims to quality. It is not curators or gallery owners who select the artworks in partially transparent processes, but opaque algorithms that determine what one gets to see.

Moreover, digital discourse spaces are only a poor substitute; they cannot replace personal, analog conversations.

So, we would like to offer the framework to argue for true art viewing with a combination of digital information possibilities and analog exhibition concepts.

together with benzinLAB